Wasserversorgung für arsenfreies Trinkwasser in Bangladesch

Die Ein-Zehntel-Stiftung fördert gemeinsam mit dem Verein AGAPE e.V. die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser in Bangladesch (Grundschule Korgaon, siehe Foto). Der Heidelberger Verein AGAPE e.V. wurde 1991 gegründet und setzt sich seit 30 Jahren für Bildung auf dem indischen Subkontinent (Indien, Nepal, Tibet und Bangladesch) ein. Bisher wurden mehr als 20 Grund- und Berufsschulen sowie Waisenhäuser eröffnet. Für ihre unermüdliche Arbeit und Engagement hat die Gründerin des Vereins, Christine Weitmann, das Bundesverdienstkreuz erhalten. Die meisten der Schulen wurden entsprechend des Vereinsziels – Hilfe zur Selbsthilfe – auf eigene Beine gestellt und laufen heute selbstständig. Seit Bekanntwerden der Arsenproblematik in Bangladesch, setzt sich der Verein verstärkt für die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser ein – durch Arsenfilter und Tiefbrunnen. Dr. Martin Maier (Hydrogeologe an der Universität Heidelberg) berät seit 2015 ehrenamtlich den Verein und hat den Vorsitz 2018 übernommen. Aktueller Fokus des Vereins liegt auf dem Thema Trinkwasser und wird zukünftig neben klassischer Schulbildung auch moderne Bildungsaspekte (Umweltbildung, Gesundheit und Hygiene sowie EDV/Internet) in die Aufgabenbereiche übernehmen.

In Bangladesch ist sauberes Trinkwasser aus zwei Gründen besonders schwer zur Verfügung zu stellen, denn nicht nur mikrobielle Verunreinigung, sondern auch die natürliche Belastung des Grundwassers mit dem Schadstoff Arsen macht hier die Aufbereitung besonders aufwändig. Die Weltgesundheitsorganisation schlägt einen Richtwert von 10 Mikrogramm pro Liter (μg/l) Arsen im Trinkwasser vor. In Bangladesch gilt der Grenzwert von 50μg/l. Arsen lässt sich durch die meisten Aufbereitungsmethoden nur langsam und relativ ineffizient entfernen, weshalb diese nur begrenzt eine Lösung darstellen. Tiefbrunnen (>300m) liefern zwar arsenfreies Wasser, sind aber sehr teuer und stellen deshalb keine realistische Option dar.

Das Projektgebiet

Projekt 2021:

Korgaon ist ein kleines Dorf mit rund 1000 Einwohnern und liegt im Distrikt Habiganj im Nordosten von Bangladesch. Die Region ist infrastrukturell nur wenig erschlossen und während der Regenzeit von häufigen und langen Überflutungen stark betroffen. Das Gebiet ist landwirtschaftlich geprägt, doch zunehmend arbeiten Familienmitglieder im Ausland um dort ein besseres und sichereres Einkommen zu erwirtschaften.

Zielgruppe des Projektes:

Projekt 2021:

Im Dorfzentrum befindet sich eine Grundschule für 280 Schüler. Die Schule hat wegen eines Defektes derzeit keinen Brunnen mehr, weshalb die Kinder zum Trinken und zur Notdurft zu den Nachbarn gehen müssen. Die Instandsetzung des flachen Brunnens lohnt sich momentan nicht aufgrund der schlechten Wasserqualität. Alle Brunnen im Umkreis von 100m zur Schule wurden im April 2021 mit einem Schnelltest auf Arsen untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass von den 69 beprobten Brunnen nur ein sehr tiefer Brunnen (300m) weniger als 50μg/l Arsen enthält. In allen übrigen Brunnen wurden Gehalte zwischen 100 und 500μg/l gemessen. Diese Brunnen werden von mehr als 770 Personen sowie den 280 Schülern genutzt.

Projektziel:

Mit einer zentralen Wasserversorgung sollen zunächst die Schule mit Brauch- und Trinkwasser versorgt werden. Dadurch erhalten die Schüler ausreichend Wasser zum Trinken und für die Körperhygiene. Gleichzeitig erhalten die unmittelbar benachbarten Familien freien Zugang zum Wasser. Längerfristig ist geplant, von der zentralen Wasserversorgung noch Rohrleitungen mit Zwischenbehältern in abzweigende Straßen zu verlegen, und so den Wirkradius der Maßnahme auf das gesamte Dorf auszuweiten. An den Behältern sind Abzweigungen vorgesehen, an denen sich die Anwohner selbst Rohrleitungen zu ihrem Haus verlegen können. Mit dem Projekt sollen zwei innovative Ansätze testweise in die Praxis umgesetzt werden:

  • Die Errichtung von Brunnen unter Einsatz von Messtechnik zur Bestimmung der Arsengehalte während des Bohrvorgangs und somit der Festlegung der geeigneten Brunnentiefe
  • Der Einsatz einer innovativen Reinigungstechnologie (Elektrokoagulation) zur Entfernung von Eisen und Arsen aus dem Wasser (erforscht und entwickelt an der Universität Heidelberg)

Maßnahmen des Projektes

Kernstück des Projektes ist die Errichtung eines neuen Brunnens. Aus Voruntersuchungen der Universität Heidelberg ist bekannt, dass der sehr flache Grundwasserleiter in 30m Tiefe mit etwa 200 μg/L Arsen belastet ist. Darunter folgt durch eine Tonschicht getrennt ein zweiter, deutlich besserer Grundwasserleiter. Bei der Errichtung des Brunnens wird ein Probensammler zum Einsatz kommen, der eine Weiterentwicklung des „needle-samplers“ (Van Geen et al., 2004) darstellt, mit der die Wasserqualität während des Bohrvorgangs ermittelt und somit die Ausbautiefe des Brunnens festgelegt werden kann.

Nach Niederbringung des Brunnens wird eine Unterwasserpumpe installiert, die Wasser vom Untergrund auf das Dach der Schule pumpt. Das Wasser wird durch eine Durchflusszelle geführt (Eigenentwicklung der Universität Heidelberg; Müller et al., 2021) und danach in einen Tank. In der Durchflusszelle wird das Wasser zwischen Metallplatten hindurchgeleitet und durch Zuführung von Strom (Elektrokoagulation) von Arsen und anderen Metallen gereinigt. Die Methode ist auf der Homepage von AGAPE e.V. (www.agape-ev.de) genauer beschrieben. Ein erfolgreicher Testlauf wurde bereits an einem Standort in Deutschland durchgeführt.

Der Aufbau der Anlage erfolgt unter Anleitung der Universität Heidelberg. Der laufende Betrieb der Anlage wird über das Personal der AGAPE Bangladesh vor Ort sichergestellt und umfasst Sichtkontrollen, Wartungen, Schlammentnahme und Monitoring. Die Wasserqualität wird vor Ort mit Arsenschnelltests überwacht und zusätzlich durch die Entnahme von Wasserproben für die chemische Analytik an der Universität Heidelberg. Dort läuft derzeit auch ein Forschungsprojekt, wie mit dem anfallenden Schlamm umgegangen werden kann, um diesen sinnvoll zu verwerten. Bei den bisher eingesetzten Reinigungsverfahren in Bangladesch (z.B. SIDKO und SONO Filter) gibt es für die beladenen Filtermedien keine nachhaltige Entsorgungslösung.

Erwartete Wirkung des Projektes

Neben der Versorgung von fast 1000 Menschen mit sauberem Wasser stellt das hier vorgestellte Projekt einen innovativen Ansatz dar, mit der auch Grundwässer flacher Brunnen durch den Einsatz einer Durchfluss-Elektrokoagulationszelle einfach aufbereitet werden können. Da die Methode sehr effektiv, energiesparend und preisgünstig ist, hat sie das Potential nachhaltig zur Lösung des Problems der Wasserverschmutzung beizutragen.

 

Die meisten Privatleute und Schulen verfügen über qualitativ bedenkliches Wasser aus flachen Grundwasserschichten. Vereinzelt wurden als Lösungsmaßnahme Tiefbrunnen von der Regierung oder Hilfsorganisationen errichtet, die allerdings auch kein Garant für sauberes Wasser darstellen. Da in der Regel zu wenige Kenntnisse über die Untergrundverhältnisse vorliegen, werden diese Brunnen unnötig tief (bis auf 300 m) niedergebracht. Das ist sehr teuer und birgt zudem die Gefahr, dass langfristig auch tiefere Schichten mit Arsen belastet werden. Derzeit läuft ein Programm der Regierung, die Schulen mit SIDKO-Filtern auszustatten. Diese entfernen nur Eisen und Arsen und dienen aufgrund sehr geringer Durchflussmengen ausschließlich zur Versorgung der Schulkinder mit Trinkwasser. Die SIDKO-Filter sind sehr teuer in der Anschaffung und Wartung und haben aus eigener Erfahrung des Vereins nur eine Nutzungsdauer von maximal 5 Jahren.

Neben der Versorgung von fast 1000 Menschen mit sauberem Wasser stellt das hier vorgestellte Projekt einen innovativen Ansatz dar, mit der auch Grundwässer flacher Brunnen einfach aufbereitet werden können. Da die Methode sehr effektiv, energiesparend und preisgünstig ist, hat sie das Potential nachhaltig zur Lösung des Problems beizutragen. Bei Erfolg ist vorgesehen, aus Eigenmitteln des Vereins sowie finanzieller Beteiligung der lokalen Nutzer weitere Einrichtungen in den umliegenden Dörfern zu installieren.

Die Bohrung wird von einer Bohrfirma aus Dhaka durchgeführt, mit der AGAPE Bangladesh regelmäßig zusammenarbeitet. Der „needle sampler“ ist ein sehr einfaches Instrument, das zusammen mit den Schnelltests zukünftig fester Bestandteil dieser Bohrfirma wird, um den Bau von arsenfreien Brunnen zu gewährleisten.